Du hast mit einigen Mitstreiterinnen und Mitstreitern vor 2 1/2 Jahren das Institut Welt:Stadt:Quartier gegründet. Wo steht ihr jetzt, wie hat es sich entwickelt?
Der Kern des Instituts sind die Menschen, und da muss ich gestehen, dass ich immer noch sehr begeistert bin, wenn wir im Team zusammenkommen – wie neulich wieder Anfang November – und miteinander diskutieren. Ich glaube, dieser Austausch, die Reflexion und das gemeinsame Arbeiten an Ideen von Menschen, die aus Wissenschaft, aus Kommunalverwaltung, aus Stiftungswelt, pädagogischer und zivilgesellschaftlicher Praxis und aus der Kulturszene kommen, ist etwas sehr Besonderes. Ich jedenfalls kenne keinen anderen Ort, wo diese verschiedenen Perspektiven so systematisch zusammenkommen.
Eine andere Ebene sind unsere Projekte und die Institutionen, mit und für die wir arbeiten. Hier hat sich gezeigt, dass es tatsächlich gelungen ist, einen Blick auf ‚glokale‘ Fragestellungen zu richten, wie es der Name des Instituts ja auch nahelegt.
Was meinst du mit ‚glokal‘?
Bei fast allen gesellschaftlichen Problemlagen haben wir heutzutage eine sehr komplexe Verschränkung lokaler und globaler Entwicklungen. Die Krise, die uns alle aktuell am meisten beschäftigt, der Konflikt in Israel und Gaza, ist dafür nur das letzte alarmierende Beispiel. Auf der globalen Ebene kann man die politische Gemengelage betrachten, die Rollen Israels, Irans, vieler arabischer Länder, der Türkei, aber auch Russlands, der USA und der EU. Ebenso auf globaler Ebene kann man sehen, wie der Diskurs an global verbreitete Bilder und Schlagworte anknüpft. Auf lokaler Ebene gibt es in vielen Ländern – auch in Berlin, auch hier um die Ecke in Neukölln – eine lokal gefärbte Wahrnehmung des Konflikts, die sich immer auch mit lokalen Konfliktkonstellationen verbindet bzw. in diesem Fall diese aufwühlt und verschärft.
Umgekehrt ist ‚glokal‘ auch etwas, aus dem man eine gewisse, wenn auch begrenzte, Hoffnung schöpfen kann, aus diesem alten Schlagwort vom ‚global denken, lokal handeln‘. Nicht nur die Krisen der Welt, auch die vielfältigen Initiativen, Lösungen zu finden, bilden ein glokales Geflecht, und dieses bietet allen Menschen die Möglichkeit, sich aktiv an der Lösung brennender Fragen zu beteiligen.
Wie spiegelt sich diese ‚glokale‘ Perspektive in euren Projekten?
Ein aktuelles Beispiel ist das Projekt ‚Urban X-Change Network‘ des DVV International, für das wir in der Pilotphase die Evaluation durchgeführt haben. Gerade vor wenigen Wochen kamen hier Menschen aus insgesamt 18 Städten in vier Ländern zusammen. Beteiligt waren jeweils Volkshochschulen bzw. Erwachsenenbildungseinrichtungen. Jeweils zwei Partnerstädte haben gemeinsam ein Thema gewählt, das beide beschäftigt. Das war zum Beispiel die Frage, wie man institutionellen Rassismus eindämmen kann, wie vor Ort – auch mit Hilfe der Volkshochschulen – eine Willkommenskultur entstehen kann, oder wie lokal die Rechte queerer
Menschen besser geschützt werden können. Die deutsch-ukrainischen Partnerschaften hatten natürlich das große Thema, wie im Rahmen der Partnerschaft unkompliziert humanitäre Hilfe in die Ukraine kommen kann, und wie Menschen aus der Ukraine in Deutschland Halt finden können.
Was ist deine Perspektive für die Zukunft des Instituts?
Wir werden weiter an ‚glokalen‘ Themen dran bleiben. Wir freuen uns, dass sich mit unseren Partnern jeweils mehrere Projektideen entwickelt haben, einige schon für die nächsten Jahre. In Zukunft möchten wir verstärkt auch selbst Projekte und Themen definieren und damit ein Stück Agendasetting betreiben.